Das Klenke Quartett spielt Tchaikowsky
NDR Kultur Feulleton

"Vier Frauen? Das kann ja nichts werden." So herablassend orakelte ein renommierter Meisterkurslehrer vor einigen Jahren über das Klenke Quartett. Da lag er ganz schön daneben - heute gehören die vier Streicherinnen aus Berlin und Weimar zu den angesehensten Kammermusikensembles in Deutschland. Nach ihren international gefeierten Mozart- und Haydn-Aufnahmen haben sich die Klenkes nun auf ein ganz anderes Gebiet begeben: Ihre aktuelle CD enthält die Streichquartette von Tschaikowsky.
Geschmackvoll und dezent
Das "Andante cantabile" aus dem ersten Quartett ist einer der bekanntesten Sätze von Tschaikowsky - oft als Zugabe gespielt, und dabei gern auch mal zum sentimentalen Schmachtfetzen verkitscht. Nicht so bei den vier Damen des Klenke-Quartetts, die ihn sehr geschmackvoll und dezent spielen. Tschaikowsky hat in dem Satz das Lied eines ukrainischen Handwerkers aufgegriffen. Und das dürfe man halt nicht aufbauschen, meinen die Geigerin Beate Hartmann und ihre Kolleginnen. So authentisch die vier Musikerinnen des Klenke-Quartetts im Gespräch wirken, so natürlich klingt auch ihre Aufnahme - und diese Herangehensweise tut Tschaikowsky gut.
Der Klenke-Klang ist bei Tschaikowsky schon eine Spur fülliger und dunkler als in den zurecht viel gelobten Mozart-Aufnahmen - aber er bleibt trotzdem homogen und geschmeidig; das Vibrato wird nicht einfach über alle Töne drübergekleistert, sondern sehr sorgfältig dosiert. Obwohl die Stücke in der Romantik entstanden sind, offenbaren sie hier ihre klassischen Wurzeln.
Sprachhafte Intensität
Die Interpretation des Ensembles ist ganz klar, aber deswegen noch lange nicht gefühlskalt. Das wäre ja auch ein grobes Missverständnis bei der expressiven Kammermusik von Tschaikowsky. Den Streicherinnen gelingt eine exzellente Balance zwischen schlanker Schlichtheit und anrührendem Ausdruck - und mitunter schaffen sie durch ihre Artikulation eine geradezu sprachhafte Intensität. Ganz innig etwa der Klageton des dritten Quartetts, entstanden kurz nach dem Tod des mit Tschaikowsky befreundeten Geigers Ferdinand Laub.
Marcus Stäbler